Ängste überwinden, die uns klein machen

Wie kann ich Ängste überwinden? Viele Ängste habe ich in meinem Leben überwunden. Die Angst, auf Fremde zuzugehen. Die Angst, vor dem Dunkeln. Die Angst vor Neuem. Die Angst vor Veränderung. Die Angst vor Erfolg. Die Angst, meine Gedanken und Empfindungen mitzuteilen. Die Angst vor Gott. Die Angst, er würde mich einfach fallenlassen. Diese Ängste waren wie Mauern um mein Leben.

Es ist gut, dies Ängste bezwungen zu haben, wurde doch jedesmal meine Welt größer und meine Möglichkeiten vielfältiger. Ich wurde mehr zu mir selbst statt zu einem Bonsai Kitten, gefangen in erstickenden Enge fremder Ideen. Dennoch fühlt sich meine Angst an wie ein Brunnen, der nie versiegen wird, egal wie viel ich daraus schon geschöpft habe oder noch schöpfen werde.

Lähmende Angst

Frau Angst ist eine grimmige Türsteherin, die mich draußen halten will. Sie ist eine Lügnerin, der Zauberer von Oz: „Schaut nicht auf den kleinen Mann hinter dem Vorhang!” Sie ist ein lähmendes Gift, das alle Kraft aus mir saugt und mich zu ausgeschüttetem Wasser macht. Sie prügelt mit wildem Hass in meinen Magen und schreit mit schriller Stimme oder lähmt mit dämonischem Flüstern in meinen Gedanken. Sie errichtet großartige Fassaden mitten auf meinem Weg, die wir stark befestigte Städte aussehen. Sie ist eifersüchtig auf meinen Mut und diskreditiert ihn mit herablassenden Worten und Bildern. Die Angst macht mich klein und hasst es, wenn ich erwachsen werde. Sie will mich behalten im Kerker meiner Einsamkeit und mir weis machen, es gäbe keine wirkliche Welt – zumindest keine gute – außerhalb meiner selbst, meines Gefängnisses. Sie sagt mit arroganter Herablassung: „Diese Welt ist alles, was es gibt. Besser als das hier wird’s nicht mehr. Bleib wo Du bist.”

Sie reagiert mit wütendem Aufschreien, wenn ich versuche, an ihr vorbeizugehen. Sie zerrt an mir und hält mich fest, wütende Drohungen ausstoßend. Ängste überwinden mag sie gar nicht. Sie weint und bettelt, und möchte mein Herz brechen, indem sie von den schönen Zeiten im Gefängnis spricht, von der Geborgenheit und feuchten Wärme meines Kerkers. Sie malt pastellfarbene Bilder vergangener Grausamkeiten, schönt die Bitterkeit beißender Einsamkeiten als wären sie gemütlich eingerichtete Räume, in denen der Friede zuhause sei.„Was willst du rausgehen und sterben?”, fragt sie wie eine fürsorgliche Mutter. „Die Welt ist nicht für dich gemacht, denn du bist anders als die anderen. Schönheit ist eine Illusion, Freiheit ein Konstrukt. Sicherheit gibt es nur bei mir.” Sie ist eine Lügnerin, eine gemeine, blutsaugende Lügnerin.

Herr Mut zeigt, wie du Ängste überwinden kannst

Herr Mut kommt, und er sieht unscheinbar aus. Sein Gang ist aufrecht, sein Blick ist klar. Er ist kein Mann von vielen Worten. Bescheidenheit ist seine Tugend. Da ist etwas in seiner Stimme von überstandenen Sandstürmen in der Wüste, von sicher in den Hafen gelenkten Schiffen im Sturm, von überhängenden Bergmassiven, die mit Kraft, Geschick und Beharrlichkeit bezwungen wurden. Eine Weichheit vieler Niederlagen ist in seinem Ton, die Trauer um verlorene Länder und Freunde. Seine Augen glänzen, wenn er von der Schönheit eines Sonnenuntergangs in der Wüste spricht, von den fetten, saftigen Wiesen an Berghängen, der Kühle einer Bergquelle und dem weiten Blick auf See.

Er hält nichts in seiner Hand, denn er weiß, dass er nichts Neues fassen kann, wenn er nicht losgelassen hat. Seine Kraft liegt im Glauben, auch wenn sein Wissen enorm ist. An langen Abenden saß er am Feuer und hörte alte Erzählungen, betrachtete das Leben. Den Menschen blickt er offen in die Augen; er hört zu, und doch lässt er seinen scharfen Blick nicht von den Taten ablenken, er sieht auf die Früchte.

Angst besiegen

Herr Mut spricht leise, aber mit fester Stimme: „Mach doch mal den einen Schritt und erlebe, wie das Leben sich anfühlt. Du hast Beine, du kannst gehen. Du hast Arme, du kannst bewegen. Du hast Kraft, und Witz, und Wort, und Geist, und Herz: Du kannst verändern! Du bist du, nicht irgendwer. Die Angst droht Dir, Du würdest sterben, wenn Du weitergehst. Sie sagt: ‚Deine Ängste überwinden schaffst du nicht!‘ Dabei steht hinter der alten Frau Angst das satte Leben.” Herr Mut blickt Dich an. Er lächelt nicht, sein Ausdruck ist entschlossen. „Nimm meine Hand„, sagt er auffordernd, „und wir gehen jetzt gleich los.”

Wohin hat mich der Mut gebracht? Er hat immer wieder Türen geöffnet und mir geholfen zu sehen, um wie viel größer als meine Gedanken die Welt doch ist. Neue Länder, neue Menschen, neue Fertigkeiten – das verdanke ich ihm, dem Mut.

1 Kommentar
  1. Vielen Dank für Deine präzise und farbige Beschreibung dieses Phänomens Angst, das in der Regel so schwer greifbar ist – un uns gleichzeitig so oft zurückhält, Neues zu tun. Danke auch für das starke Bild ihres Gegenspielers – Deine Worte machen Mut!